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Wielands Grab

André Schinkel

 

Ein Idyll wie die zarte Beleh­rung Menanders –
Das Flüß­chen sprang geflis­sent­lich bei,
Wo der geschäf­tige Alte im Hag der zwei Musen
Sich aus­schläft, – beredt und gewitzt die übrige
Welt vor die Git­ter gesetzt: ihre Anmutung
Nicht mehr zu bestehn. Was blieb dir als dein
Blüm­chen zu wer­fen, und das Gemurmel
Der Ilm als Dank ein­zu­heim­sen, der­weil du
Die Mitte des Runds gerade so trafst.
Unter die­sen Bäu­men, sprach W. und blickte
Stau­nend zu R., schon ging er und dachte den
Lauf der Geschich­ten; – und am Mini-
Ver­sailles hin­ter dem Häus­chen posier­ten wir
Albern und kichernd ver­zückt. Aber schöner
War’s doch am Knie des Gewäs­sers, mein’ ich, –
Das efeu’ne Rund der Patella ein würdiges
Grab, die been­de­ten Träume von schweigenden
Äthern erha­ben, lieb­lich und eisern umzäunt.
Ja, sagt ihr nun, und das Rau­schen des Wassers
Eine edle Ein­schlaf­mu­sik. Also träum­ten wir,
Hör­ten nicht das Knacken in uns: Jedes lebt
Seine Zeit, lehrn die Kalen­der … und wir
Atme­ten flach im Licht der Begeg­nung – und
An der Gabe­lung nah­men wir, dach­ten uns
Nichts, jeder den rich­ti­gen Weg. Alles vergeht,
Nur nicht der Ruhm der wirk­li­chen Dichter;
Wir, drei Räte im Schlaf­rock, sahen uns
An und wan­del­ten wei­ter, waren danach eine
Zeit­lang zer­streut und zer­strit­ten um Nichts.


aus: Unwet­ter­war­nung. Raniser Texte, Pößneck 2007.
Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Autors. Alle Rechte beim Autor.
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