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Rentenformular online (RV Fuchs 98714), Mediaplayer

Robert Sorg

 

Angels and Demons at Play beim Aus­fül­len unend­li­cher Fra­ge­bö­gen, die keine Erklä­rung lie­fern. Zwi­schen den Zah­len ver­steckt sich ein Wesent­li­ches, Wesen­des, Gewe­se­nes, Ich. Lebens­lauf, Ham­ster­rad. Kommt die Erin­ne­rung, bricht die Ver­bin­dung zum Ser­ver. Der befreite Sklave Sun Ra und die Nubi­ans of Plu­to­nia strö­men mit dem Wein zwi­schen die Sta­dien dei­ner Häute, auf Ham­mer, Sichel und Amboss, lie­gen sie als Nach­weis papie­ren auf dem Stuhl, als ob sie war­ten, ver­brannt zu wer­den. Die Lücken auf dei­nem Konto, Leer­stel­len im Bis­marck­schen Zah­len­sy­stem, sind keine Lebens­lü­gen. Ver­grubst du die Talente auf einem Feld? Wuchs dar­aus ein Baum, unsicht­bar, dies­sei­tig, jen­sei­tig, ohne Ermes­sen, ohne Urteils­spruch. Ohne Thron, ohne links und rechts, ohne Rabe und Bar­na­bas, setzt du die Kreuze, füllst du die lee­ren Käst­chen, die ein Ich erge­ben, ein Gan­zes, irgendwo im Strom der Daten, Strom der Lei­ber, Elek­tri­zi­tät dei­nes Samens, dei­ner Zel­len, die dir gege­ben wur­den, für die Klä­rung des Kon­tos. Pass­wort­ab­frage, wäh­rend die nubi­schen Posau­nen erup­tie­ren. Durchs Schlüs­sel­loch blickst du auf Ver­gan­ge­nes. Anstelle eines Zeug­nis­ses fin­dest du lee­res Sei­den­pa­pier in einer der Map­pen. Wäh­rend du die Ver­gan­gen­heit umschich­test, bewegt sich der Zei­ger wei­ter, ver­gilbt das Papier, ver­flie­gen die Bil­der des Jetzt. Das Selbst ist sein eige­ner Detek­tiv. Der Tat­be­stand ist immer ein ande­rer. Für den offe­nen Fall der Kon­ten­klä­rung, greifst du nach Beweis­mit­teln zwi­schen die Papiere, fin­dest du ab und an eine Hand­schrift, unter gedrück­tem Blei dau­ert die Zeit, zusam­men­ge­recht als Hau­fen herbst­li­cher Blät­ter. Die Ver­bin­dung bricht wie­der ab, aber du füllst wei­ter For­mu­lare aus, wäh­rend du schreibst erklin­gen die nubi­schen Töne, die Zim­peln tra­gen dich fort.
Pass­wort­ab­frage, Zwi­schen­spei­cher, Fuchs, mit gro­ßem F, Bear­bei­ter, 98714, die Post­leit­zahl des Dor­fes dei­ner Kind­heit, Raute, schreibst es auf den Notiz­block, nach­dem du es in die Tasta­tur gehäm­mert hast, das For­mu­lar. Rill­maß B, Nr. 16,61, ein Tabel­len­git­ter, gedruckt, dann zer­schnit­ten, auf der Rück­seite des Papiers, das du beschreibst. Haben Sie Zei­ten des Gewahr­sams im Sinne des Häft­lings­hil­fe­ge­set­zes zurück­ge­legt? Die Tinte des Kugel­schrei­bers haf­tet und Sun Ra swingt ins Uni­ver­sum. Jetzt ein paar lea­ves of grass. Arbeits­un­fä­hig­keit, Scha­dens­fall, die Erzie­hung der Kin­der. Berück­sich­ti­gungs­zeit mit Bach, wäh­rend Gould im Hin­ter­grund summt, auf einem Sche­mel sit­zend, plät­schern und klir­ren die Jahre. Gera­de­rich­ten was die Schule des Duckens gelehrt hat.

Die Ände­rung der Frage hat eine Ände­rung der

Inter­nal Ser­ver Error. Trakl, Däm­me­rung, die eiserne Maske, das Gedicht, wo sie aus der Höhle bre­chen, die Mas­sen. Gould summt, hin­ter den Tasten, Häm­mern, Sai­ten. Komma, Punkt.

Aktuell/epos, die letzte Phrase in der Adress­zeile. Abbruch, Time­out. Zwi­schen­spei­chern. Neu laden. Punkt. Dann doch der Gang ans Bücher­re­gal um Trakl zu finden.

„Wir sichern Genera­tio­nen“ leuch­tet der Bild­schirm. Deine Ver­si­che­rung ist das Datum dei­ner Geburt und ein paar Varia­blen, ins wüste Land geträumt. Die letzte Frage poe­tisch: „Haben Sie auf einem Rhein­schiff eine Beschäf­ti­gung aus­ge­übt?“ Die Ände­rung der Ant­wort auf diese Frage hat eine Ände­rung des Befra­gungs­ab­laufs zur Folge. Vie­len Dank für Ihre Ein­ga­ben, Bach, Gould, De Pro­fun­dis. Antrag sen­den. Zurück. Summt es hin­term Kla­vier, der Unter­la­gen­as­si­stent. Trakl. Die Ände­rung des Befra­gungs­ab­laufs. Ein blaues Wild im Dor­nen­ge­strüpp. Noch eine Leer­stelle gefun­den. Im For­mu­lar liegt die Arbeits­lo­sig­keit als blei­che Maske. Offen­ba­rung und Unter­gang, an die Ver­stumm­ten, stille blu­tet in dunk­ler Höhle stum­mere Mensch­heit, fügt aus har­ten Metal­len das erlö­sende Haupt, las deine ohr­ren mercken auff die stimme mei­nes flehens.


aus: Feld­rand­zei­chen, Lite­ra­ri­sche Gesell­schaft Thü­rin­gen e.V., Wei­mar 2016.
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Der Abdruck erfolgt mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Autors.
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