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De Luhndiede

Sieglinde Mörtel

 

Frie­hor, do goobs nich sichn Fer­le­fonz wie itze, wu mor mit sichn Ige­lit-Kortn bezohlt un wu mor is Gald vun su ennor vorricktn Moschine muss huule.

Frie­hor, do goobs de Luhn­di­ede, un dodor­vun hutt mor äämd olles bezohlt. Is Maahl, de Mogriene, de Sammln un ooch ‘n Schus­dor. Do hunn mor o nich siche Bäär­sche vun Bobier gehutt wie itze. Wos mor su vor­dient hutt, dos hutt uff su enn kleen Luhn­streefn gestunn. Ieworsch Johr hunn se dos noochn in dos griene SVK-Biechl geschriem un dos wor‘sch.

Wenn eenor forn onnorn wos mochte, krichte dar rischt­sches Klim­por­gald odor enn Schään in de Fuude gedrickt. Un war sunst nuch Gald wullt howe, dar hutts musst een­treiwe. Su eefoch wor dos!

De Miede hutt dor Haus­mee­stor immor glei noochn Zohl­doo­che een­kos­siert. Dor Vor­sich­rungs­monn mochte ooch immor e moo heem bei de Leide un hutt kos­siert. Do hunn se mit­non­nor on Kich­n­dü­sche gehuckt un do worde o glei nuch e bissl geredt.

De Licht­froo mochte ooch mit su ennor Gald­do­sche in de Heisor. Mon­sche­moo, wenn de Olln groode klomm worn, do hunn mor de Diere eefoch nich uff gemocht. Mir Wäns­dor hunn schiene stille musst seie, doss se dochte, is wär kee­nor dor­heeme. Do hutt äämd de Licht­froo nuche­moo musst kumme, wenn de neie Luhn­di­ede in Kichens­chr­onke looch; odor bein olln Leidn de Rantndiede.

Su korz nooch dor Wenne, do hunn se in Däär­forn su e boor Gald­mo­schin uff­ge­stellt. Dos wor ju schunne enne Wissnschoft for sich. Wu mor‘sch noochn end­lich gefrassn hunn, wie dos gieht, do hunn se die Dingor wid­dor wag gemocht. Noochn hunn mor dos olles mit denn Cumb­schu­dorn sullt moche. Un itze sugoor mit denn nei­muudschn Dellefune.

Itze hunn se sugoor denn Fortz in dor Plotte, dossn se dos rischt­sche Gald gonz wulln wag moche. Ebbor dossn de Leide noochn goor nich marre sulln mit­krie­che, wenn se marre aus­gahm ols wie se hunn. Noor doss de Odvo­kootn un de Schuldn-Een­trää­wor sott Oor­wäät hunn. Dos­dor­waachn gibt‘s menne su viele vun denn. Wenn‘s nuch rischt­sche Luhn­di­edn däät gääwe, do wärn die olle oorwäätsluus!

Su e boor gonz Vorrickte wulln sugoor, doss s‘sch de Leide su e Bezohl-Ding in eechn Bolch nein luss moche. Wos sulln do ware, wenn de groode blonk bist? Krich­ste do menne on dor Kosse eene gewüscht? Odor werd dos glei wuhin gemeldt un wenn de heem kimmst, hunn se schunne is Licht un is Wossor obge­d­riht. Un wenn‘s rischtsch dicke kimmt, konn­ste niche­moo baddle giehe, wääl kee­nor marre Klim­por­gald hutt.


Die Lohn­tüte

Frü­her gab es nicht sol­chen Unsinn wie heute, wo man mit die­sen Pla­stik­kar­ten bezahlt und das Geld aus so einer ver­rück­ten Maschine holen muss.

Frü­her gab es die Lohn­tüte und davon wurde eben alles bezahlt. Das Mehl, die Mar­ga­rine, die Bröt­chen und auch der Schu­ster. Da hatte man auch nicht sol­che Berge von Papier wie jetzt. Was man ver­dient hat, das stand auf einem klei­nen Lohn­strei­fen. Und nach einem Jahr wurde es dann in den grü­nen SV-Aus­weis ein­ge­tra­gen und das war‘s.

Wenn einer für den ande­ren etwas machte, bekam er rich­ti­ges Klim­per­geld oder einen Schein in die Hand gedrückt. Und wer sonst noch Geld zu krie­gen hatte, musste es ein­trei­ben. So ein­fach war das.

Die Miete hat der Haus­mei­ster immer gleich nach dem Zahl­tag ein­kas­siert. Der Ver­si­che­rungs­mann kam auch immer mal zu den Leu­ten nach Hause und hat kas­siert. Dann saß man zusam­men am Küchen­tisch und es wurde auch gleich noch ein biss­chen erzählt.

Auch die Licht­frau kam mit einer Geld­ta­sche in die Häu­ser. Manch­mal, wenn die Eltern gerade knapp bei Kasse waren, mach­ten wir die Tür ein­fach nicht auf. Wir Kin­der muss­ten schön still sein, damit sie dachte, es sei gerade kei­ner zuhause. Da musste die Licht­frau eben wie­der­kom­men, wenn die neue Lohn­tüte im Küchen­schrank lag; oder bei den alten Leu­ten die Rententüte.

So kurz nach der Wende wur­den auch in den Dör­fern Geld­au­to­ma­ten auf­ge­stellt. Das war schon eine Wis­sen­schaft für sich. Als wir dann end­lich begrif­fen hat­ten, wie die funk­tio­nier­ten, hat man die Din­ger wie­der abmon­tiert. Plötz­lich sollte man das alles mit Com­pu­tern machen. Und jetzt sogar mit den neu­mo­di­schen Telefonen.

Inzwi­schen hat man sogar den Flitz im Kopf, das rich­tige Geld völ­lig abzu­schaf­fen. Viel­leicht, damit die Leute es nun gar nicht mehr mer­ken, wenn sie mehr aus­ge­ben als sie tat­säch­lich haben. Und das nur, damit Anwälte und Schul­den-Ein­trei­ber genü­gend Arbeit haben. Viel­leicht gibt es des­halb so viele von denen. Wenn es noch rich­tige Lohn­tü­ten gäbe, wären die alle arbeitslos!

Ein paar ganz Ver­rückte wol­len sogar, dass sich die Leute einen Chip zum Bezah­len in den Kör­per ein­pflan­zen las­sen. Aber was pas­siert, wenn man gerade blank ist? Kriegt man dann Strom­schläge an der Kasse? Oder wer­den die Daten gleich über­tra­gen, und wenn man nach Hause kommt, sind Strom und Was­ser schon abge­stellt? Wenn es ganz arg kommt, kann man ja nicht mal mehr bet­teln gehen, weil kei­ner mehr Bar­geld hat.


aus: Tratsch vun frie­her un itze. Geschich­ten aus Thü­rin­gen in Mund­art und Hoch­deutsch. Wel­ken­Ver­lag, Jena 2019.
Alle Rechte lie­gen bei der Autorin. Abdruck mit freund­li­cher Geneh­mi­gung der Autorin.
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