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Brandleite-Tunnel

Annerose Kirchner

 

Neben gemau­er­ten Steilwänden
mür­ber Porphyr,
den das Wet­ter spal­tet und ausbricht.
Die Fugen unge­sagte Worte.
Nimmst du sie noch wahr,
wenn dein Auge nur sich selbst schaut.

Über stei­nerne Stufen
stößt das Was­ser der Brandleite.
Stolz wider­setzt sich’s im Fall,
sam­melt sei­nen Schaum im Gestein.

Auf mei­nen Schultern
trag ich die Dunkelheit.
Unter mir im Gleisbett
das Geheim­nis der Forellen.
Die ver­schüt­te­ten Felsläufe
spü­len sie durch das Bergmassiv.

Von einer Welt stoße ich in die andre.
Minu­ten deh­nen sich
oder ver­lie­ren ihre Sekunden.

Der Stein nimmt meine Rede auf.
Im Licht ver­harrt der Wald,
dreht sich die Welt mit mir
um die eigne Achse.

(1972/1977)


aus: Kel­ti­scher Wald. Gedichte, quar­tus-Ver­lag, Bucha b. Jena 2001.
Abdruck mit freund­li­cher Geneh­mi­gung der Autorin. Alle Rechte bei der Autorin.
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