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Großmutter

Gisela Kraft

 

greise dame johanna
zier­li­che zehen auf wei­ma­rer muschelkalk
hacken nie zu sen­ken gewagt
der leib eine steile welle aus lila seide
bis zum gesmok­ten mieder
samt­band mit medaillon
um dün­nen in frü­he­ren leben
gewürg­ten hals
ihr gesicht von der art
die ant­litz heißt und verschwimmt
auf­wärts das haar
im netz gehal­tene nacht­blaue blüte
hoher gesinnung
DAS WAR EINMAL
WAS ICH DENKE
DARUM DENKE ICH NICHT
an wil­helms des zwei­ten gehei­men rat
hein­rich seit drei­mal vier jahren
von mei­ner schul­ter geschnitten
zur lein­wand gewechselt
über dem vertiko
SEHE NICHT HIN
SEHE DIE NIEDERGEBÜGELTEN RANKEN
DER WEISSEN DAMASTTISCHDECKE
FLIMMERN IM BLAU SEINER AUGEN


Lesung am 28. Januar 2004 im Musik­gym­na­sium Schloß Bel­ve­dere in Weimar.
Text aus: Matrix. Gedichte mit Ori­gi­nal-Off­set­li­t­ho­gra­phien von Wal­ter Sachs, Ere­mi­ten-Presse, Düs­sel­dorf 2003.
Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung von Almut und Rein­hild Cleff.
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