Lesung mit Kerstin Decker und Jens-Fietje Dwars – »Alles Goethe – oder was? Palmbaum-Lesung zu 250 Jahren Goethe in Thüringen«
Am 7. November 1775, heute vor genau 250 Jahren, kam Goethe, seit seinem »Werther« ein europäischer Star, in dem Residenzdorf Weimar an. Warum blieb er dort sein Leben lang?
Ausgerechnet am 11.11., zum Beginn der »fünften Jahreszeit«, der Herrschaft der Narren, soll diese Frage in der Ernst Abbé Bücherei bedacht werden. Darf man, soll man an einem solch närrischen Tag über Goethe reden? Ist der Dichterfürst nicht viel zu würdevoll? Keineswegs: seinen „Faust“ nannte er selbst „sehr ernste Scherze“. Und ist nicht Mephisto der größte Narr auf deutschen Bühnen: einer, der mit derbem Witz Faustens Pathos bricht, doch am Ende sich dessen Seele von Engeln stehlen lässt …
Und Goethe – war er nicht ein Narr, dass er in Weimar hocken blieb? Was zog ihn an? Warum blieb er dort, statt in die großen Städte Hamburg, Berlin oder Wien aufzubrechen? Napoleon versprach ihm in Paris eine glänzende Karriere. Und warum floh er im klassischen Jahrzehnt immer wieder nach Jena, in sein „närrisches Nest“?
Um diese Fragen kreist das Herbst-Heft der Thüringer Literaturzeitschrift „Palmbaum“, die 1993 in Jena gegründet wurde. Seit 2005 werden die Einbände des Journals von den besten Bildermachern des Ostens gestaltet. Diesmal von Claudia Berg, die mit ihren Kaltnadelradierungen zauberhaft malerische Dichte erzeugt.
Am 11. November 2025 stellen Kerstin Decker und Jens-Fietje Dwars das Goethe-Heft ab 19:30 Uhr in der Ernst Abbé Bücherei vor. Die Berliner Autorin hat zahlreiche Bücher über schreibende Frauen verfasst, u.a. über Frieda von Bülow, Franziska zu Reventlow, Lou Andreas-Salomé und Nietzsches Schwester Elisabeth. Im „Palmbaum“ schreibt sie darüber, inwieweit es Frauen waren, die Goethe in Weimar hielten.
Der Jenaer Autor, Buchgestalter, Film- und Ausstellungsmacher Dwars ist Chefredakteur der Zeitschrift. Er hat Bücher über den Jenaer und den Weimarer Goethe geschrieben und dessen Erotica herausgegeben, jetzt spricht er darüber, warum der Dichter nicht in Italien blieb. War es nur das schnöde Geld, das Ministergehalt, das ihn an die Ilm zurückzog? War Goethe am Ende gar ein „Fürstenknecht“, wie ihn Börne nannte? Auch Goethe-Kritiker und –Parodisten kommen an dem närrischen Abend zu Wort, die ein höchst widersprüchliches Bild des Dichterfürsten zeichnen. Kein Bestsellerautor, seine naturwissenschaftlichen Entdeckungen sämtlich von der Fachwelt abgerlehnt, als Politiker weder ein Verrtreter des Hofes noch des Bürgertums. War Goethe gar nicht der Mittelpunkt einer Epoche, die wir irrtümlich nach ihm benennen, war er vielmehr ein Außenseiter, der seine Randexistenz in Weimar für experimentelles Denken und Dichten nutzte?
Eintritt: 10 / 8 €.
Veranstalter: Die Lesung findet im Rahmen des Lesemarathons statt und ist eine Veranstaltung des Thüringer Literaturrates in Zusammenarbeit mit der Ernst-Abbé-Bücherei Jena. Mit freundlicher Unterstützung des Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur.