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zeitfraß

Wulf Kirsten

 

erd­ge­bo­ren, erd­ge­bor­sten, vorgeworfen
dem zeit­fraß samt anfäl­li­gen altlasten,
wahl­los ver­streut, ent­sorgte kabelrollen
auf kalk­schot­ter­flu­ren, ausgeriffelt
im codex naturae von abholzern,
gehü­gelte schwünge tal­hän­gig gewellt,
kühn geschweift, leich­ter­hand dahin
und dort­hin ver­zet­telt im mulm,
dem kleb­kraut anver­traut, gewandet
in klee­seide und bocks­dorn, wer sonst
wär so begna­det wie die feldengel,
flü­gel gesprei­tet, erd­farb­nes geschwirr,
leicht erd­über­ho­ben die schräglage
hinan, von schat­ten­wür­fen beflort,
über strau­bichte schluchtwiesen
und tiefe ero­si­ons­risse segeln
im gefel­der­ten erd­bild, lichtübergossen,
war es ein wis­sen­der gott, der da auffuhr
im schreck wie sonst nichts,
unter aus­ge­sto­ße­nen wol­ken, abendgefärbt,
stimm­be­rech­tigte see­len, verformt,
demo­liert im sprach­ge­wand, rief da
nicht einer: gerechtigkeit,
wo bist du, wo bleibst du, vergeblich,
nichts als flü­che ausgestoßen,
gehüllt in ein unflä­tig kleid .


Lesung zu den Thü­rin­ger Lite­ra­tur- und Autoren­ta­gen 2010 auf Burg Ranis
Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Autors. Alle Rechte beim Autor.

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