Überspringen zu Hauptinhalt

Jens Kir­sten / Palm­baum 2008, Heft 1

Die Anfänge des Gebrü­der Knabe Ver­lags lie­gen weit­hin im Dun­kel. Es exi­stie­ren nur wenige Doku­mente, die Auf­schluss über des­sen Geschichte geben. Einen Anhalts­punkt bie­tet der Arti­kel über den Ver­lag von Mat­thias Mer­ker in der Jah­res­gabe des Pavil­lon-Presse e.V. 1995(1), dem ledig­lich einige wenige ver­lags­ge­schicht­li­che Eck­da­ten zu ent­neh­men sind. Darin befin­det sich auch ein Bei­trag zum Wei­ma­rer Pan­ses Ver­lag. Karl Fried­rich Knabe war bis 1932 Direk­tor des Wei­ma­rer Pan­ses Ver­lags, der neben der „All­ge­mei­nen Thü­rin­gi­schen Lan­des­zei­tung Deutsch­land“ Akzi­denz­druck­sa­chen für die phar­ma­zeu­ti­sche und opti­sche Indu­strie in Jena“(2) druckte. Dane­ben wur­den bel­le­tri­sti­sche Autoren wie Emil Her­furth oder Leon­hard Schrickel ver­legt. Als Karl Fried­rich Knabe 1932 im Wei­ma­rer Luther­hof die „Wei­ma­rer Druck und Ver­lags­an­stalt Gebr. Knabe“ grün­dete, wich er mit sei­nem ver­le­ge­ri­schen Kon­zept mit Aus­nahme des Zei­tungs­drucks kaum von dem des Pan­ses Ver­lags ab. Neben dem Wei­ma­rer Leh­rer Emil Her­furth, der mit sei­nen tri­via­len Roma­nen zum Haus­au­tor avan­cierte, ver­legte er Gedichte von Edith Inge­borg Bosse, Hanna Walt­her oder des ehe­ma­li­gen Wei­ma­rer Thea­ter­in­ten­dan­ten Franz Ulbrich.(3) Dane­ben wur­den wie bei Pan­ses Akzi­den­zen gedruckt, etwa eine „Kas­sen­ord­nung für Justiz­be­hör­den in Thü­rin­gen vom 30. Januar 1934“ oder eine Dis­ser­ta­tion mit dem Titel „Die voll­streck­bare Urkunde“(4). Weit auf­schluss­rei­cher für die Anfänge des spä­te­ren Kin­der­buch­ver­la­ges war eine Bastel­buch­reihe, die unter dem Titel „Das kleine Mirag-Buch“ auf zehn Bände kon­zi­piert wurde, von denen aller­dings – ver­mut­lich kriegs­be­dingt – nur die ersten bei­den gedruckt wurden(5). Aber auch Rei­hen wie „Abseits der Straße“(6), „Die bun­ten Hefte“(7) oder „Die bun­ten Harz-Bücher“(8), die alle mehr oder min­der in den Anfän­gen stecken blie­ben, bezeu­gen die ver­le­ge­ri­schen Inten­tio­nen zur Rei­hen­bil­dung. Abge­se­hen viel­leicht von den zwei Bän­den der Reihe „Musik und Gegen­wart“, die die NS-Kul­tur­ge­meinde herausgab(9), und Adolf Schma­lix’ Buch „Sind die Roo­se­velts Juden (1939), läßt sich aus den Publi­ka­tio­nen des Ver­lags keine enge Ver­bin­dung zur Ideo­lo­gie des Natio­nal­so­zia­lis­mus erken­nen. Ver­lags­do­ku­mente aus den Jah­ren 1933–1945 waren nicht zu eruieren.(10) Anknüp­fend an die Ver­su­che der Rei­hen­ge­stal­tung und der damit ver­bun­de­nen Absicht eines edi­to­ri­schen Pro­fils, über­nah­men 1945 die Brü­der Ger­hard (1903–1961) und Wolf­gang Knabe (1906–1983) den Ver­lag, der zunächst noch als Wei­ma­rer Druck und Ver­lags­an­stalt Gebr. Knabe KG fir­mierte, und such­ten zunächst nach einem Namen für ihre spä­ter popu­läre Kin­der­buch­reihe. Einige Titel erschie­nen zunächst in der „Deut­schen Jugend­bü­che­rei“, histo­ri­sche Stoffe wur­den in der „Deut­schen Volks­schatz­truhe“ ediert, bevor die Reihe ab 1953 mit dem Titel „Kna­bes Jugend­bü­cher“ zu ihrem end­gül­ti­gen Namen fand. Die Hin­wen­dung zum Kin­der- und Jugend­buch lag noch aus einem ande­ren Grund auf der Hand. Ver­lage, die vor 1945 in Deutsch­land exi­stier­ten, konn­ten nach dem Kriegs­ende nicht damit rech­nen, ihr Pro­gramm ohne erkenn­bare Neu­pro­fi­lie­rung fort­zu­füh­ren. Das in Ansät­zen bereits erkenn­bare Rei­hen­kon­zept in Ver­bin­dung mit der the­ma­ti­schen Ein­gren­zung auf Kin­der- und Jugend­bü­cher schien eine mög­li­che Basis, etwai­gen poli­ti­schen Vor­be­hal­ten ent­ge­gen­zu­wir­ken. Dies mag zudem durch die Zusam­men­fas­sung einer Reihe von Ver­la­gen unter der Lizenz­num­mer 270 in die Arbeits­ge­mein­schaft Thü­rin­ger Ver­le­ger bestärkt wor­den sein. Die Kon­trolle über die Nach­kriegs­ver­lage oblag der Sowje­ti­schen Mili­tär­ad­mi­ni­stra­tion, die den nach ihrer Ein­schät­zung ideo­lo­gisch unbe­la­ste­ten Ver­la­gen Lizen­zen für die drin­gend erfor­der­li­che Wie­der­be­le­bung der Ver­lags­wirt­schaft erteilte. Fol­ge­rich­tig erschien dann 1945 Wer­ner A. Beckerts Erleb­nis­be­richt „Die Wahr­heit über das Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Buchen­wald“, der zeit­gleich auch bei Dietsch & Brück­ner in Wei­mar gedruckt wurde. Neben die­sem poli­tisch moti­vier­ten Druck erschien 1946 ein „Fremd­wör­ter-Ver­deut­schungs­buch“ von Ger­hard Knabe. Zudem druckte der Ver­lag die neu­er­ar­bei­te­ten Schul­bü­cher für das Land Thüringen.(11) Schon wenige Jahre nach dem Kriegs­ende kon­zen­trierte sich der Ver­lag aus­schließ­lich auf die Ver­öf­fent­li­chung von Kin­der­bü­chern. Rück­blickend läßt sich diese Beschrän­kung auf eine Reihe als eine mög­li­che und zugleich erfolg­rei­che Über­le­bens­stra­te­gie inter­pre­tie­ren. Zu Beginn der fünf­zi­ger Jahre wur­den die 1945/46 von der SMAD ver­ge­be­nen Ver­lags­li­zen­zen durch das inzwi­schen selb­stän­dig arbei­tende Amt für Lite­ra­tur und Verlagswesen(12) nicht wei­ter ver­län­gert. Man war dazu über­ge­gan­gen, die ent­stan­dene Viel­falt der Ver­lags­land­schaft syste­ma­tisch zu redu­zie­ren, um so leich­ter Kon­trolle aus­üben zu kön­nen. Im Gegen­satz zu vie­len ande­ren, zumeist klei­ne­ren Ver­la­gen, erhielt Ger­hard Knabe am 9. Sep­tem­ber 1953 für den „Gebrü­der Knabe Ver­lag Wei­mar“ von der Zen­sur­be­hörde eine unbe­fri­stete Geneh­mi­gung zur Aus­übung der ver­le­ge­ri­schen Tätig­keit, wobei die Lizenz auf das Gebiet der „Kin­der und Jugend­li­te­ra­tur für die Alters­stu­fen von 8–16 Jah­ren (ein­schließ­lich des Berufs­schul- und Ober­schul­al­ters); beson­ders Erzäh­lun­gen und Romane, sowie histo­ri­sche Bio­gra­phien“ ein­ge­schränkt wurde. Alle Publi­ka­tio­nen des Ver­lags muss­ten den Auf­druck „Ver­öf­fent­licht unter der Lizenz­num­mer 360 des Amts für Lite­ra­tur und Ver­lags­we­sen der Deut­schen Demo­kra­ti­schen Repu­blik“ tragen.(13) Leicht hätte der Gebr. Knabe Ver­lag die­sem Pro­fi­lie­rungs­be­stre­ben, das viel­mehr ein Ein­schrän­kungs­be­stre­ben war, zum Opfer fal­len kön­nen wie z.B. der Alice Groszer Ver­lag oder der Alfred Holz Ver­lag, der vom 1949 gegrün­de­ten Ber­li­ner Kin­der­buch­ver­lag über­nom­men wurde, als die­ser zum Leit­ver­lag für Kin­der­li­te­ra­tur bestimmt wurde. Nicht zuletzt sollte sich dabei das Kon­zept und der ver­le­ge­ri­sche Weit­blick von Ger­hard Knabe aus­zah­len, der von Beginn an auf die Kom­bi­na­tion von histo­ri­schen Aben­teu­er­erzäh­lun­gen, bio­gra­fi­schen Roma­nen über bedeu­tende For­scher und Ent­decker sowie auf Aben­teuer- und Erleb­nis­bü­cher setzte, in denen Kin­der selbst Prot­ago­ni­sten der Hand­lung waren. Mit die­ser unver­fäng­li­chen Rand­po­si­tion gelang es den Gebrü­dern Knabe, den Zen­sur­spie­len des Amts für Lite­ra­tur und der spä­te­ren Haupt­ver­wal­tung für Ver­lage und Buch­han­del (HV) im wesent­li­chen zu ent­ge­hen. Daß sich die Gemü­ter mit­un­ter doch an einem Stoff ent­zün­den konn­ten, bele­gen die Druck­ge­neh­mi­gungs­ak­ten der HV zu Rudolf Weiß’ Roman „Der Tyrann von San Cri­stó­bal“, der 1959 erschien. Zu jedem bei der Zen­sur­be­hörde ein­ge­reich­ten Antrag auf Druck­ge­neh­mi­gung gehör­ten in der Regel zwei Gut­ach­ten, in denen das Manu­skript für die Zen­sur­frei­gabe bewer­tet wurde. Stimm­ten beide über­ein, stand dem Druck meist nichts im Weg. Rudolf Weiß, der selbst nie in Süd­ame­rika war, schrieb seine Abenteuergeschichten
mit dem Anspruch einer erzie­he­ri­schen Moral, die ein sozia­li­stisch gepräg­tes Men­schen­bild zu ver­mit­teln suchte. Damit ver­band sich für ihn und eine Reihe ande­rer Autoren der Anspruch, zwar über Aben­teuer in fer­nen Län­dern zu berich­ten, aber zugleich der Sehn­sucht der jun­gen Leser nach der wei­ten Welt ent­ge­gen­zu­wir­ken und jedem Leser vor Augen zu füh­ren, dass das bes­sere Leben in der Hei­mat auf sie war­tet. Weiß’ Roman erzählt von einer Revolte auf einer Ecua­dor vor­ge­la­ger­ten Sträf­lings­in­sel, auf der sich ein Lebens­mit­tel­händ­ler zum selbst­er­nann­ten Gewalt­herr­scher auf­schwingt und die Sträf­linge unmensch­lich tyran­ni­siert. Der Gut­ach­ter Erich Rack­witz führte in sei­nem Gut­ach­ten ein gan­zes Bün­del an Kri­tik­punk­ten an und beschei­nigt Autor und Buch, dass der Roman den Anfor­de­run­gen an ein Jugend­buch in kei­ner Weise genüge: „Das ist Kol­por­tage, nicht geeig­net, das Sprach­ge­fühl jun­ger Men­schen zu schulen.“(14) Neben dem zwei­ten übli­chen Gut­ach­ten bestellte dar­auf­hin die HV noch zwei Gut­ach­ten, die sich alle­samt posi­tiv über den Roman äußer­ten, ihm eine „über­zeu­gende Dar­stel­lung der Unmensch­lich­keit des Kapitalismus“(15) beschei­nig­ten, ihn für „gut differenziert“(16) und „inter­es­sant und span­nend geschrieben“(17) hiel­ten und ihn sogar für einen Preis vor­schlu­gen. Zen­sur, so zeigt sich hier, war mit­nich­ten immer ein Akt des Ver­hin­derns und Ver­bie­tens, mit­un­ter war es auch ein Akt des Ermög­li­chens wider die lite­ra­ri­sche Qua­li­tät. Ins­ge­samt offen­bart die Reihe jedoch ein viel­fäl­ti­ges und span­nen­des Pro­gramm. Viele der Titel, vor allem die histo­ri­schen Stoffe, sind auch heute noch gut les­bar und ent­hal­ten glei­cher­ma­ßen Span­nungs- und Bil­dungs­ele­mente. Zwi­schen 1945 und 1983 erschie­nen 260 Titel von 110 Autoren(18). Dazu zahl­rei­che Nach­auf­la­gen. Zu den aktiv­sten Autoren des Ver­lags gehör­ten neben Rudolf Weiß mit 16 ver­öf­fent­lich­ten Titeln die Schrift­stel­ler Wal­ter Con­rad, Herta Fischer, Hede Gör­lach-Nie­metz, Her­bert Grei­ner-Mai, Wolf­gang Held, Horst Jäger, Alex­an­der Jesch, Rudolf Kir­sten, Hans-Gün­ter Krack, Hanns Krause, Lori Lud­wig, Hans-Joa­chim Mal­berg, Doro­thea Mär­tens, Hans-Jür­gen Mom­berg, Hans-Robert Schrö­ter, Mar­tin Sel­ber, Char­lotte Tho­mas, Kurt Türke, Ger­hard und Chri­stiane Vogel und Man­fred Wei­nert. Neben den Autoren gehörte auch eine Reihe von Illu­stra­to­ren zu den engen Mit­ar­bei­tern des Ver­lags. Vor allem ist dabei Hans Wie­gandt zu nen­nen, der 144 Bücher für den Ver­lag illu­strierte. Wie­gandt, der 1954 für den Ver­lag zu arbei­ten begann, erin­nert sich an ein Ver­lags­klima, das rasch zu einer freund­schaft­li­chen Bezie­hung zu den Ver­le­gern führte: „Mir gefiel der Knabe Ver­lag in sei­ner alt­ehr­wür­di­gen Form. Das Büro war im Stil von 1900 ein­ge­rich­tet. Alles war ein wenig ver­staubt. Dar­aus ent­stand eine Atmo­sphäre, wie man sie in küh­len und nüch­ter­nen Büros nicht fand. Wenn man ein­trat, hatte man sofort das Gefühl, das ist ein Fami­li­en­be­trieb. (…) So ein Vor­mit­tag im Luther­hof, wenn ich mal Zeit fand, denn ich war ja eigent­lich in Erfurt an der Hoch­schule tätig, das war für mich immer eine Erbauung.“(19) Mit Hans-Joa­chim Mal­berg gelang es den Ver­le­gern, einen außer­or­dent­lich kom­pe­ten­ten Chef­lek­tor und Gut­ach­ter zu fin­den, der nach dem Tod von Ger­hard Knabe 1962 die inhalt­li­che Ver­lags­ar­beit weit­ge­hend über­nahm. Zu einem Phä­no­men in der Ver­lags­ge­schichte der DDR gehört, dass der Gebr. Knabe Ver­lag in sei­nem Haus neben dem eigent­li­chen Ver­lags­ge­schäft auch eine eigene Set­ze­rei, eine Drucke­rei und eine Buch­bin­de­rei beher­bergte, so dass die Bücher voll­stän­dig im Ver­lag pro­du­ziert wur­den. Erst in spä­te­ren Jah­ren wurde, bedingt durch die stei­gen­den Pro­duk­ti­ons­zah­len, der Druck nach Mühl­hau­sen aus­ge­la­gert; die buch­bin­de­ri­sche Wei­ter­ver­ar­bei­tung nach Leip­zig. Der Autor Wolf­gang Held berich­tete, dass zu sei­ner Zeit als Ver­lags­au­tor dort neben Wolf­gang Knabe, Hans-Joa­chim Mal­berg, ein Buch­hal­ter, eine Schreib­kraft und ein Set­zer arbei­te­ten; beglei­tet von einem gro­ßen Schnau­zer, der gewis­ser­ma­ßen zum Inven­tar des Ver­lags zählte. Der Schrift­stel­ler Klaus Peter Hön­nicke, der nach Hans-Joa­chim Mal­bergs Tod 1979 des­sen Funk­tion als Chef­lek­tor über­nahm, schil­derte 1972 in einem Arti­kel in der „Thü­rin­gi­schen Landeszeitung“(20), wie viele Briefe von Lesern im Ver­lag in Map­pen gesam­melt lagen. Weit­aus span­nen­der ist dage­gen der Bericht über eine „Brief­stunde“ im Knabe Ver­lag von Ute Wermer(21), die nicht nur die Lobes­briefe anführt, son­dern auch die kri­ti­schen Stim­men, wie die eines Acht­jäh­ri­gen der sei­nen empör­ten Brief an den Ver­fas­ser des „Zau­ber­kla­viers“ adres­sierte: „Für Hein­rich Sei­del. Wenn ihr mir mit Euern Alten Gespenst angst machen wolt werde Ich mir beschwe­ren weil ihr es immer so macht.“ Auch Mal­berg nahm in sei­nem Auf­satz „Wie ent­steht ein Jugend­buch“, der 1955 im Gebr. Knabe Ver­lag als Bro­schüre erschien, auf die Anre­gun­gen der jun­gen Leser­schaft unmit­tel­bar Bezug. Zu ent­neh­men ist die­sem Bei­trag, dass der Ver­lag zwi­schen 1945 und 1955 bereits eine Gesamt­auf­la­gen­höhe von 1,5 Mil­lio­nen Exem­pla­ren (ein­schließ­lich der Nach­auf­la­gen) pro­du­zierte. Auf eine sche­ma­ti­sche Hoch­rech­nung der Gesamt­pro­duk­tion muss auf Grund der schwan­ken­den Papier­kon­ti­gen­tie­rung ver­zich­tet wer­den. Jedoch ist fest­zu­stel­len, dass der Ver­lag ab 1953 unge­ach­tet der Nach­auf­la­gen jähr­lich zwi­schen 5 und 10 Neu­erschei­nun­gen her­aus­brachte. Im Bun­des­ar­chiv Ber­lin lagern die Druck­ge­neh­mi­gungs­ak­ten zu jedem erschie­ne­nen Titel, die neben der Auf­la­gen­höhe auch die Gut­ach­ten zu den gedruck­ten Titeln ent­hal­ten. Für 2009 ist im Wei­ma­rer Stadt­mu­seum eine Aus­stel­lung zum Gebr. Knabe Ver­lag geplant, die vor allem eine umfas­sende Werk­schau bie­ten wird. Bis auf zwei Desiderate(22) hat die Her­zo­gin Anna Ama­lia Biblio­thek in Wei­mar im ver­gan­ge­nen Jahr alle Kin­der- und Jugend­bü­cher des Gebr. Knabe Ver­lags erwor­ben, die zwi­schen 1945 und 1983 erschie­nen sind. Als Wolf­gang Knabe 1983 starb, war das Ende des Ver­lags vor­ge­zeich­net. Wolf­gang Held setzte sich beim dama­li­gen Kul­tur­mi­ni­ster Höpcke für den Erhalt des Ver­lags ein: „Ich fuhr zu Klaus Höpcke – damals war ich Vor­sit­zen­der des Schrift­stel­ler­ver­ban­des im Bezirk Erfurt – und sagte ihm, dass der Knabe Ver­lag erhal­ten blei­ben müsse. (…) Er sagte: ‘Fin­det jeman­den, der den Ver­lag über­nimmt.’ Der ein­zige, der dafür über­haupt in Frage gekom­men wäre, war Her­bert Grei­ner-Mai, der jedoch absagte, da er vor allem den Ärger sah, den die pri­va­ten Ver­le­ger hat­ten und vor allem die Papier­kon­ti­gen­tie­rung, über die letzt­lich Zen­sur aus­ge­übt wer­den konnte und wurde. Wir fan­den also nie­man­den und dann fand Höpcke die Lösung, dass der Post­rei­ter Ver­lag Halle den Knabe Ver­lag über­nahm. Der löste alle Ver­träge und über­nahm nur einige Autoren, deren Bücher er in einer neuen Reihe wie­der auf­legte. Das war dann das Ende.“(23) Erfreu­lich ist, dass 2006 Stef­fen und Tim Knabe, die Enkel von Ger­hard und Wolf­gang Knabe, den Ver­lag in Wei­mar wie­der­ge­grün­det haben und sich der ver­le­ge­ri­schen Tra­di­tion und dem Anspruch die­ses Hau­ses ver­bun­den und ver­pflich­tet füh­len. Erfreu­lich ist auch, dass das ver­schol­lene Ver­lags­ar­chiv, das 1990 vom Post­rei­ter Ver­lag zur Mid­del­hauve Ver­lags­gruppe über­ging, die nach ihrem Kon­kurs wie­derum von der Beltz Ver­lags­gruppe auf­ge­kauft wurde, viel­leicht doch noch in Spu­ren erhal­ten geblie­ben ist. Die Leser­briefe der Kin­der als Fun­dus für die Rezep­ti­ons­for­schung der DDR-Kin­der­li­te­ra­tur dürf­ten aller Hoff­nung zum Trotz den­noch unwie­der­bring­lich ver­lo­ren sein. Bleibt nur, zu einem der Kna­bes Jugend­bü­cher zu grei­fen und zu lesen.

Foto: Pri­vat­ar­chiv Ger­trud Wuttke

Thü­rin­ger All­ge­meine, 15.12.2009

Von Heinz Stade

Dass auch Bücher Schick­sale haben, und dass deren Ver­fas­ser und Ver­le­ger es auch frü­her nicht immer ein­fach hat­ten, ihrer Lei­den­schaft nach­zu­kom­men, davon erzählt die weih­nacht­li­che Son­der­aus­stel­lung »Wur­zel­prin­zes­sin­nen, Detek­tive und eine Jugend­bü­che­rei vol­ler Aben­teuer«. Damit macht das Stadt­mu­seum sei­nen Besu­chern und sich selbst ein ebenso fest­li­ches wie wert­vol­les Geschenk.

WEIMAR. Schon der Weih­nachts­baum im Foyer des Hau­ses deu­tet auf das Unge­wöhn­li­che die­ser vom Thü­rin­ger Lite­ra­tur­rat mit­ver­an­stal­te­ten Aus­stel­lung hin: Statt bun­ter Glas­ku­geln schmücken die Fichte auf Kugel­for­mat gebrachte Cover von Kin­der- und Jugend­bü­chern aus schein­bar längst ver­gan­ge­ner Lese­zeit. Den Machern – allen voran Dr. Jens Kir­sten (Kura­tor) und Jür­gen Postel (Gestal­tung) – ist zu gra­tu­lie­ren für die gelun­gene Prä­sen­ta­tion des­sen, was sich gemein­hin nicht eben ein­fach prä­sen­tie­ren lässt: Bücher, Manu­skripte und histo­ri­sche Schrift­stücke. Statt der oft schnell ermü­den­den Anein­an­der­rei­hung sol­cher Expo­nate in Vitri­nen und an Wän­den, zie­hen hier auch eine Schatz­truhe, eine Buch­sta­ben­ki­ste, histo­ri­sche Medi­en­tech­nik, Spiel­zeug und ande­res noch aus dem Fun­dus des Muse­ums den Betrach­ter hin zu den oft krib­bel­b­un­ten Büchern, die das Signet des von Ger­hard und Wolf­gang Knabe in Wei­mar 1932 gegrün­de­ten, bis 1984 daselbst ansäs­si­gen und 2007 wie­der­ge­grün­de­ten Wei­ma­rer Gebr. Knabe Ver­la­ges tra­gen. Zu die­sem Anre­ger und Ver­le­ger braucht sich kein Autor durch Vor­zim­mer und Sekre­ta­riate zu kämp­fen, beein­druckte den dama­li­gen Lek­tor des Auf­bau Ver­la­ges Her­bert Grei­ner-Mai, der in Karl Knabe sei­nen ersten Ver­le­ger gefun­den hatte, die glei­cher­ma­ßen offene wie schöp­fe­ri­sche Atmo­sphäre des Hau­ses. Die aus­ge­stellte Ein­la­dung zur ersten Autoren­kon­fe­renz des Knabe Ver­la­ges im Okto­ber 1954 unter­streicht die­sen Eindruck.

An den Anfang scrollen