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Herbarium

André Schinkel

 

Das sind die Blät­ter, die ich trockne für Tee
Und den Glau­ben, daß du zurück­kehrst zu mir –
Das sind die Sten­gel und Seile aus Hanf,
Dich zu fes­seln, nach­dem du betäubt bist von meiner
Liebe … und den zar­ten Sub­stan­zen, die ich dir
Ins Essen gemischt hab’ – das ist der Rausch,
Damit dir mein Blick und mein Leib gewaltig
Erschei­nen … und unwi­der­steh­lich – das ist
Der Leim, den ich gekaut hab’ und mit dem ich
Dich kette an mich – das sind die Blüten,
Mit denen der­einst unser Sarg geschmückt wer­den wird
In The­ben, bei den Köni­gen, am Meer oder im
Pfad­lo­sen Myrk­wid, wo die Bran­dung der Farne,
In mei­nen Ord­nern ver­klebt, sich über uns schließt –
Das ist das Äch­zen der Wip­fel, mit denen ich
Gebeugt bin zu dir – das ist das Leuch­ten deiner
Geplatz­ten Pupil­len, wenn der Wahn in dir tobt –
Wenn du vor Liebe weder ein weißt noch aus
Und mein zärt­li­cher Blick schon mit dem Trocknen,
Span­nen, Prä­pa­rie­ren beginnt … das ist die
Aus­sicht, und sie trifft uns, du wirst es sehen,
Schon bald … Ich lege das Her­ba­rium unse­res Glücks
An: nur daß du noch nichts davon weißt. Die
Sei­ten rascheln – du liegst vor mich gebrei­tet, und
Drau­ßen heult der Sturm über den Bod­den, der
An den Blät­tern trun­ken im knor­ri­gen Buch einer
Anders­welt reißt … Ein­träch­tig ruhn wir, zwei
Zap­fen, in den Klad­den der Samm­lung, die vom Rauch
Des Was­sers sekünd­lich beschlägt, das der letzte
Grum­melnde Wär­ter in sei­nem Tee­pott vorbeiträgt.
Das sind die Blät­ter, die ich trockne für Tee
Und den Glau­ben, daß du zurück­kehrst zu mir …


Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Autors. Alle Rechte beim Autor.
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