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Besuch

Patrick Siebert

 

meine Betrof­fen­heit hin­ter Händen
bei­nahe ver­gilbt dane­ben ein Lachen
aus einem Schwarz-Weiß auf das du blickst
deine drit­ten Zähne ver­wahrst du in Kuki­dent neben dem TV-Gerät und dem
Sen­s­o­dy­ne­m­aul von Silbereisen
dem Ein­zi­gen der sich traut zu reden
in dem Augen­blick als sich dein Kathe­ter wei­ter füllt
und deine Hand staub­trocken auf dem Foto bleibt

und dann erzählst du wie ihr euch kennenlerntet
auf dem Lum­pen­ball nach dem Krieg
wie er da stand in den Resten der Uniform
mit einer Tulpe in der Hand und einer Narbe am Arm
und euer Tanz so unver­nünf­tig beschwingt
und gleich am ersten Abend der Kuss
und wie er sparte auf den Roller
mit dem ihr fuhrt nach Wei­mar und Erfurt
Goe­the sehn und Giraf­fen im Sommer

euer Hotel in Kiew ohne Bier am Abend
und wie er dann maulte bis du die kühle Erfrischung
aus dem Kof­fer hex­test und er dich sein Gret­chen nannte
hr in Rot-Weiß geklei­det im Fah­nen­meer Dynamos
wenn ihr euch lustig mach­tet über die Gesänge

der Abend an dem er deine Fal­ten streichelt
und dir lächelnd sagt wie zart deine Haut noch ist
und dann schweigt für immer

du zeigst noch ein­mal auf sein Lachen in Schwarz-Weiß
bei einer eurer Kahn­fahr­ten im Spreewald
und die­ser Anblick ver­wei­gert dir die Stimme
Abend­essen, Frau Volk­mar ruft der
Kopf des Zivis in die Tür
und ich bringe dich noch und
Mahl­zeit und Mach’s gut
einige Köpfe sehen vom Essen auf


aus: Wei­che, Gedichte, Jah­res­gabe der Lite­ra­ri­schen Gesell­schaft Thü­rin­gen e.V., Bd. 10, Wei­mar 2011;
Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Autors. Alle Rechte beim Autor.
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