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Hotel Evropa

André Schinkel

 

Ganz wie der Erd­teil, den du bewohnst:
Innen hei­misch, gemüt­lich, zerknittert,
Ein graues Zuhause, von außen mit schöner
Fas­sade. Ein paar Takte von Graupner
Fliehn durch’s Foyer – das sanfte Rauschen
Des Lärms, der von drau­ßen herein-
Kommt, ist kein Ver­gleich. Allein, ich vermiss
Dich auch hier, leuch­tend: das alte Europa,
Das es so nicht mehr gibt … und bin in deine
Fas­sade ver­liebt. Der Wen­zels­platz bebt,
Die Jun­kies im Geröll am Bahnhofsvorplatz
Grö­len, und über dem Geläut und Leben
Flirrt zart dein Gesicht, das ich lang’ nicht
Mehr sah. Die Jugend­stil­kut­schen eilen
Vor­über. Die Rat­haus­uhr klingt durch den
Fluß der Men­schen hin­durch. Unter der
Karls­brücke die Gischt über­brüllt die Klezmer-
Musik. Das Leuch­ten der Stadt schwelgt
Mit sich selbst, in den Knei­pen putzt man
Die Tel­ler für den hung­ri­gen Blick der Touristen.
Hier bin ich: mein Handy schielt scheu nach
Deutsch­land hin­über. Wie zer­knit­tert du
Inwen­dig sein mußt … daß du nicht anrufst.


Erst­druck in arme­ni­scher Spra­che in der Zeit­schrift »Gra­ka­nu­tyun«, Jere­wan 2011.
Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Autors. Alle Rechte beim Autor.
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